Geschichte der Gleichenberger Bahn

Landesbahn Feldbach - Bad Gleichenberg

Die Steiermärkischen Landesbahnen betreiben in der Südoststeiermark eine elektrifizierte Normal­spur-­Regionalbahn mit 21,21 Kilometer Länge zwischen Feldbach, wo diese Privatbahn (nicht bun­des­ei­gene Bahn) von der Steirischen Ostbahn abzweigt. Die Bahn ist seit ihrer Inbetriebnahme am 15.06.1930 als elektrische Gleichstrombahn ihrer Zeit voraus. Niemand sprach damals von „umwelt­freund­licher Bahn“, was sie tatsächlich ist, weil wohl auch niemand wußte, was das ist. Heute ist das in dieser Region ein Alleinstellungsmerkmal, da die ÖBB-Bahnen in der Südoststeiermark alle immer noch nicht elektrifiziert sind.

Elektromobilität zum Luftkurort Bad Gleichenberg von Beginn an

Die Gleichenberger Bahn wurde von Beginn an, nicht mit Dampflokomotiven, sondern mit Elektro-Trieb­wagen mit 1.650 Volt Gleichstrom betriebenen. Auch der Begriff „Elektromobilität“ war 1930 völ­lig unbekannt, gilt allerdings aus heutiger Sicht. Der Eigentümer war ursprünglich die private Ak­ti­en­gesellschaft „Lokalbahn AG Feldbach – Bad Gleichenberg“ und wurde erst ab 01. Juli 1942 vom Land Steiermark übernommen, als das Land noch Teil des sog. „Deutschen Reiches“ war. Heute ist der Betriebsführer die „Steiermärkischen Landesbahnen“.

Die Schienen-Verkehrsachse durch das Vulkanland

Aus der Sicht der Mobilitätsbedürfnisse im Jahr 1931 galt es eine Verbindung zwischen der Bahn­strec­ke Győr–Szentgotthárd, die damals als „Ungarische Westbahn“ bezeichnet wurde, und der öster­reichischen Südbahn als Hauptbahn zwischen Wien – Hartberg – Fürstenfeld – Fehring, die sog. „Ther­menbahn“ zur Steirischen Ostbahn, zu erstellen. Man erkannte damals auch, dass man den be­deu­tenden Kurort Bad Gleichenberg an das Bahnnetz anbinden kann, wobei die heutige Glei­chen­ber­ger Bahn bereits damals als Teil einer Verbindungsbahn von Feldbach über Bad Gleichenberg und Straa­den nach Purkla und Bad Radkersburg geplant war.

Der Kurort Bad Gleichenberg wurde bereits im steirischen Vulkanland mit einer Anhäufung von Heil­quel­len von Matthias Constantin Capello Graf von Wickenburg 1857 gestaltet. So war es nur logisch, dass man sich bereits 1886 Gedanken über eine Erschließung mit einer Bahn gemacht hat. Das da­mals sehr aktive Bau- und Bahn-Unternehmen Stern & Hafferl projektierte bereits 1907 eine Bahn­ver­bindung von Fehring über Bad Gleichenberg nach Purkla und Bad Radkersburg.

Der Erste Weltkrieg machte all diesen Planungen einen Strich durch die Rechnung. Wie so oft gibt das Mili­tär und die Kriegswirren die Entscheidungen vor. Bei Feldbach wurde ein riesiges Kriegs­ge­fan­ge­nen­lager mit einem Militärbahnhof für angeblich über 50.000 Kriegsgefangene eingerichtet, das ei­nen Bahnanschluß unvermeidlich machte. Im Lager selbst war ein umfangreiches 600mm-Feld­bahn­netz in Betrieb. Das Anschlußgleis zwischen Feldbach und Mühldorf kann als erster Teil der heutigen Glei­chenberger Bahn betrachtet werden. Geldmangel verzögerte vorerst den Weiterbau der Glei­chen­berger Bahn.

Nach dem Ersten Weltkrieg etablierte sich der Bergbau für Kohle und Basalt. Das war dann sicher die Trieb­feder für den Weiterbau der Gleichenberger Bahn. 1926 wurde mit dem Beschluß des Stei­ri­schen Landtages das Projekt wieder aufgenommen. Die logische Durchbindung von Bad Gleichenberg bis Bad Radkersburg wurde allerdings vorerst, aber bis heute, ad acta gelegt. Man dürfte erkannt ha­ben, dass es einem Luftkurort für Lungenkranke nicht gut ansteht, diese Bahn mit Dampflokomotiven zu betreiben. So wurde die Gleichenberger Bahn von Anfang an elektrisch mit 1.650 Volt Gleichstrom ge­baut.

Der langsam aufkommende Automobilverkehr und die verschlungene Trassenführung der Bahn haben wohl von Anfang an für Diskussionen um die Existenzberechtigung geführt, die bis heute anhalten. Die Tras­sierung im Hügelland des südoststeirischen Vulkanlandes hat zu den bekannten geschwungenen Strec­kenteilen und zu relativ starken Steigungen bis zu 42‰ geführt. Diese Streckenführung leidet im­mer wieder an Hochwässern und zu Hangrutschungen, die den Bahnbetrieb immer wieder be­ein­träch­tigt. Allerding dürfte die Gemeinde Gnas von Anfang an erkannt haben, wie wichtig diese Bahn für ihre Bür­ger ist und daher wurde der große Bogen der Streckenführung über Gnas geführt. Dieser Bogen wird der Bahn heute zum Vorwurf gemacht, weil eine direkte Straße, die allergings die Ortschaften rechts liegen läßt, mit dem Pkw kürzere Fahrzeiten ermöglicht. Der Weitblick der Gemeinde Gnas in den Jahren 1926-1931 wird bei der kommenden Modernisierung der Gleichenberger Bahn den Weg in die Elektromobilität in Zeiten der Dekarbonisierung ebnen.

Moderner Schienenverkehrs-Ausbau in schwierigen Zeiten

Der Bahnbau wurde von einer Reihe von Baufirmen, in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit, in der man über jeden Auftrag froh war, errichtet und 1931 in Betrieb genommen. Von Anfang an standen zwei da­mals hochmoderne Gleichstrom-Triebwagen und eine Elektrolok zur Verfügung. Für die Strom­ver­sor­gung wurde im Bahnhof Gnas eine Quecksilber-Gleichrichterstation erbaut. Für die damalige Zeit war das eine epochale Innovation. Dieser Bahnhof ist, für die Stromversorgung wichtig und circa in der Strec­kenmitte zwischen Feldbach und Bad Gleichenberg situiert.

In der Zeit des Zweiten Weltkrieges, als es kein Österreich gab, wurde den großdeutschen Machtan­sprü­­chen folgend, die private Lokalbahngesellschaft eliminiert und in das Eigentum des Landes Stei­er­mark überführt. Die Region war, besonders zum Kriegsende, aufgrund der Kampfhandlungen, schwer be­ein­trächtigt und das führte letztendlich zu schlimmen Zerstörungen und als Konsequenz zur Be­triebs­einstellung. 1947 wurde dann wieder schrittweise mittels Dampflokomotiven ein ein­ge­schränk­ter Betrieb und erst 1948 konnte der ursprüngliche Vollbetrieb mit den Gleichstrom-Triebwagen wie­der aufgenommen werden.

Zaghafte Modernisierungsschritte im letzten Quartal des 20. Jahrhunderts

Bis in die Siebzigerjahre des vorigen Jahrhunderts blieb alles beim alten und dann wurden die ersten zag­haften Modernisierungsschritte angegangen. So wurde 1975 der ursprüngliche hochgiftige Queck­sil­ber-Gleichrichter mit 1.500 Volt Gleichstrom auf eine Silizium-Dioden-Gleichrichter-Anlage mit 1.800 Volt Gleichstrom umgestellt. Dabei baute man 1979 den Triebwagen ET1 bei der Wiener Schie­nen­fahr­zeug-Firma Knotz auf eine Stahlkasten-Konstruktion umgebaut, wobei natürlich die elektrische Anlage des Fahrzeuges auf die neue Spannung 1.800 Volt umgebaut wurde. 1991 konnte der Triebwagen ET2 bei Bombardier in Wien ebenfalls umgebaut werden. Mittlerweile ist die Fahrleitung (Oberleitung) be­reits für eine Elektrifizierung von 25.000 Volt ausgelegt und würde bei einer Elektrifizierung zusammen mit der Steirischen Ostbahn mi 15.000 Volt 16,75Hz ohne größere Umbauten auskommen!

Fahrzeuge Hersteller Fabriks-Nr. Achsfolge Leistung Kapazität Baujahr Umbau/Firma Umbau-Jahr
ET 1 Grazer Waggonfabrik 35148/30 Bo'Bo' 300 kW 53 Plätze 1930 Knotz-Wien 1979
ET 1 Grazer Waggonfabrik 35149/30 Bo'Bo' 300 kW 53 Plätze 1930 Bombardier 1991
ET 41 AEG 36056/30 Bo'Bo' 400 kW 38 t 1930 Funkfernsteuerung 2002

Die Gleichenberger Bahn heute

Dieser im Grunde umweltfreundlichen und zukunftsorientierten Bahn wurde eigentlich, seitens der Po­litik, nie eine Chance gegeben. Technologisch war die Bahn immer ihrer Zeit voraus, bis die letzte Dampf­lokomotive außer Betrieb genommen wurde. Die Bahn sah nie moderne Neufahrzeuge. Die Hal­te­stellen- und Bahnhofs-Infrastruktur ist bis heute im Dornröschenschlaf stecken geblieben. Vielleicht ist das der Grund, warum die Bahn mit dem herabwürdigenden Begriff „Dschungel-Express“ diskre­di­tiert wird. Die verächtlich diskutierte und schlechtgeredete Bahn muss sich gegenüber von Vorurteilen und Fehleinschätzungen gegenüber dem konkurrenzierenden Busbetrieb behaupten, während die Po­li­tik an einer sachlich argumentierenden Diskussion überhaupt nicht interessiert zu sein scheint. Das ließ den falschen Eindruck entstehen, die Bahn hätte keine Existenzberechtigung.

Haltestellen & Bahnhöfe

Anmerkung: 1945 -1947 kein Betrieb, [Bf] = Bahnhof, [Hu] = Haltestelle unbesetzt,
[HuL] = Halte- und Ladestelle, Zugleit-Meldebetrieb (Leitstelle Murau), Sicherungs-Anlagen alle Stellen keine Signale
Streckenkilometer Verkehrsstelle Ortsnähe Inbetriebnahme
0,0 Feldbach Anschlußbahnhof 300 bis 500m 1931
1,7 Feldbach Landesbahn [Bf] 250 bis 500m 1931
Feldbach-Mühldorf 06/1931-07/1931 Betriebsausweiche
Feldbach Lokalbahn 07/1931-1944
Feldbach Lokalbahnhof 1944-1945
Feldbach Landesbahn seit 1945
3,0 Oedt Siedlung [Hu] 300m 1988
4,3 Oedt bei Feldbach [Hu] 300m 1931
Oedt Oststeiermark 1939-1945
7,5 Prädiberg [Hu] 250 bis 300m 1931
06/1931-07/1931 Betriebsausweiche
07/1931-1969 Bahnhof
9,6 Fischa [Hu] 300m 1931
1944-1947 gesperrt
10,0 Burgfried [Hu] 150 bis 300m 1988
12,3 Gnas [Hu] 600 bis 1130m 1931 Gleichrichterstation
14,0 Katzendorf [Hu] 300m 1988
15,8 Maierdorf [HuLu] 350 bis 500m 1931-1958 Bahnhof
seit 1958 Halte- und Ladestelle unbesetzt
17,5 Hofstätten [Hu] 200 bis 300m 1931
1944-1947 gesperrt
19,6 Trautmannsdorf i.d.Steiermark [Hu] 150 bis 500m 1931-1951 Halte- und Ladestelle [HuL]
Trautmannsdorf (Steierm) 1939-1945 [HuL]
Trautmannsdorf in der Steiermark [Hu] 1951-1972 Halte- und Ladestelle unbesetzt
seit 1972 [Hu]
21,2 Bad Gleichenberg [Bf] 0m 1931

Mit Ausnahme des Bahnhofes Gnas mit knapp 1.000 Meter Zugangsweg zum Bahnhof hat der Großteil ei­nen Weg vom Ort zur Haltestelle von unter 300 Meter. Lediglich die Haltestellen Maierdorf und Traut­mannsdorf haben einen Zugangsweg von unter 500 Metern. Wobei man durch zusätzliche Bedarfshaltestellen weitere neuere Siedlungsbereiche erschließen könnte. Weiters ließen sich die Zugangswege durch eine optimierte Wegführung ohne viel Aufwand wesentlich verkürzen.

So gesehen ist das Gerücht, die Orte sei­en viel zu weit von der Bahn entfernt, nachweislich falsch.

Ort Einwohner
Feldbach Stadt 13.371 Ew.
Gnas 6.379 Ew.
Bad Gleichenberg 5.352 Ew.
GESAMT 25.102 Ew.

Mit einer gesamten Einwohnerzahl von rund 25.000 Einwohnern ist die Region vergleichbar mit Bahnen im Einzugsbereich diverser Lan­des­haupt­städte. Bei einer Führung der Gleichenbergerbahn als moderne Nahverkehrsbahn im S-Bahn-Netz Steiermark ist eine Tagesfrequenz von weit über 10.000 Fahrgästen zwischen Feldbach und Glei­chen­berg möglich!

Damit ist die Zukunftsfähigkeit der Gleichenberger Bahn als moderne Nahverkehrsbahn bestätigt!


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zuletzt geändert: 16. Februar 2023