Wirtschaftskammer fordert Absage der Innenstadt-Entlastungsstrecke
Mit einem völlig absurden Vorstoß ließ die WKO am Donnerstag (20.8.) aufhorchen: Der Neubau der Tegetthoffbrücke für die Straßenbahn solle abgesagt und die Planungen zur Entlastungsstrecke zurück an den Start geschickt werden.
Für uns kommt das einer Absage des gesamten Projektes gleich. Immerhin haben der Bürgermeister und die Verkehrsstadträtin bereits abgewunken; die Entlastungsstrecke soll wie geplant kommen.
Dass die Wirtschaftskammer in Graz nicht gerade für nachhaltige Mobilität und zeitgemäße Verkehrslösungen bekannt ist, ist leider nichts Neues. Und so geht es auch in einem aktuellen Forderungspapier vor allem um zwei Dinge: Autos und Parkplätze. Weil der Neubau der Tegetthoffbrücke als unzumutbare Beschränkung des Autoverkehrs angesehen wird, forderte die WKO kurzerhand, diesen Neubau abzusagen und Alternativen über die Elisabethinergasse und die obere Neutorgasse zu prüfen. Zur Erinnerung: beide vermeintlichen Alternativen wurden in der Vergangenheit bereits geprüft und aus verschiedenen Gründen ebenfalls abgesagt. Die Neutorgassen-Variante scheiterte Anfang der 2000er-Jahre unter Bürgermeister Stingl am Widerstand der dortigen Geschäftsleute, die um Parkplätze und Ladezonen fürchteten. Die Variante über die Rösselmühlgasse und Elisabethinergasse wäre mit dem umstrittenen Tunnelprojekt Josef-Huber-Gasse nicht zu vereinbaren und wurde daher ebenfalls vor wenigen Jahren abgesagt.
Hier soll also offenbar nur auf Zeit gespielt werden; ein ernsthaftes Interesse der WKO am Straßenbahnausbau ist nicht erkennbar. Ebenfalls interessant ist, dass sich die Forderungen auf eine Umfrage stützen, die gerade einmal von 15,6 Prozent aller Innenstadt-Betriebe beantwortet wurde.
Die WKO wäre gut beraten, sich die erfolgreichen Verkehrskonzepte anderer Städte anzusehen. Eine Aufwertung der Innenstädte wurde stets vor allem durch Verkehrsberuhigungsmaßnahmen, eine Erhöhung der Aufenthaltsqualität und den Ausbau der Straßenbahn- und Radwege-Netze erreicht.
Aus Sicht von Pro Bim ist es jedenfalls erfreulich, dass sich Bürgermeister Siegfried Nagl und Verkehrsstadträtin Elke Kahr zur wichtigen und ohnehin bereits seit ca. 25 Jahren verzögerten Innenstadt-Entlastungsstrecke bekennen und diese wie geplant umsetzen wollen, wie wir aus beiden Polit-Büros erfahren haben. Wir hoffen, dass es der Wirtschaftskammer nicht gelingen wird, dieses für unser Straßenbahnnetz essentielle Projekt zu sabotieren oder zu verzögern. Das wäre für die Innenstadt nämlich mit Sicherheit weitaus existenzbedrohender, als die Bauarbeiten an der neuen Brücke!
Pro Bim Graz
Pro Bim Graz versteht sich als Ideen- und Kommunikationsplattform für intelligente Lösungen im Bereich des öffentlichen Verkehrs im Allgemeinen und der Straßenbahn im Besonderen.